Ergebnisse der Themenbearbeitung zur besseren Versorgung von Demenzkranken
Von der Altenheimgesellschaft Brandis wurde Anfang des Jahres 2000 der Förderverein
zur Unterstützung der Erarbeitung eines Konzeptes zur besseren Pflege
und Betreuung von an Demenz erkrankten alten Menschen gebeten. So hat
sich der gerade gegründete Verein als ein erstes Projekt des Themas der
"Pflege von Altersdemenz betroffener Menschen" angenommen.
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Ziel des Projektes war es, folgende Fragen zu klären:
- nähere Erläuterung zum Krankheitsbild Demenz als alterspezifische Erkrankung
- Gesellschaftliche Rahmenbedingungen zur Gewährleistung einer besseren Pflege und Betreuung
- Sicherstellung der erforderlichen Leistungen
um letztlich mitzuwirken an einer Konzeption mit allen erforderlichen
Bedingungen zur eigenen stationären Demenzpflege in der Altenheimgesellschaft Brandis.
Die Mitglieder des Vereins haben sich, nach Sichtung und Auseinandersetzung mit dem wissenschaftlichen
Stand, mit der Pflege dementer Heimbewohner auseinandergesetzt. In Zusammenarbeit
mit anderen Altenheimen wurden statistische Erhebungen über den besonderen
Pflegeaufwand dementer Heimbewohner durchgeführt. |
Kurz zusammengefasst wurde festgestellt,
- dass mit Erhöhung der Lebensjahre der Menschen die Erkrankung an Demenz
überproportional zunimmt. Bereits heute gehört die Demenz
zu einer am häufigsten auftretenden Volkskrankheit. Jährlich
treten ca. 200.000 Neuerkrankungen auf und auf Grund der demographischen
Entwicklung wird diese Zahl in den kommenden Jahren rapide ansteigen.
- Pflegebedürftige Menschen haben ein Recht auf ein Leben in Würde, welches gegenwärtig
von der Pflegeversicherung nicht gewährleistet wird.
Die gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen gewährleisten in keiner
Weise die notwendige, optimale Versorgung der Betroffenen. Die gegenwärtige
Unterversorgung erfordert Grundsatzentscheidungen - wirtschaftliche
Zwänge beschränken aufwendige Leistungen - demnach sind alle gesundheitspolitischen
Entscheidungsträger im Interesse der Millionen Betroffenen zur Abhilfe aufgefordert.
- Die Menschen mit einer Demenzerkrankung (z.B. vom Typ Alzheimer) brauchen eine umfassende
menschliche Betreuung, die aber von der Pflegeversicherung nicht angemessen
anerkannt wird. Zur Feststellung des Hilfsbedarfs für die Einstufung
in eine Pflegestufe dürfen nicht allein somatische Kriterien berücksichtigt
werden, sondern auch solche, die im psycho-sozialen Bereich liegen.
Den Pflegekassen wurde vom Gesetzgeber die Verpflichtung übertragen,
eine ausreichende Pflege sicher zu stellen. Dies ist unseres Erachtens
momentan nicht gewährleistet.
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- Die derzeitigen Abrechnungssysteme und Budgetrestriktionen lassen keine Vernetzung von
medizinischer und pflegerischen Betreuung zu. Eine enge Kooperation
und Kommunikation zwischen betreuenden Haus- und Fachärzten, Therapeuten,
Pflegekräften und Betroffenen ist erforderlich. Ein kombinierter
Einsatz von Betreuungsangeboten und medikamentöser Therapie kann
das Fortschreiten des Krankheitsbildes verlangsamen und die Lebensqualität
der Kranken erhöhen.
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Dieses Konzept der Lebensweltorientierung wurde unter aktiver Mitwirkung der Vereinsmitglieder
von der Altenheimgesellschaft Brandis mbH erarbeitet und als
"Familienorientierte Wohnbereichspflege"
von der Gesellschaft im Haus 2 ab November 2001 praktiziert.
Die gegebenen Empfehlungen
- besonderes Raumprogramm / Milieugestaltung
- Bewohnerstruktur
- Biographiearbeit
- ganzheitliche Pflege- und Betreuungsansatz
- besondere Therapieangebote
- Qualifizierung der Mitarbeiter
fanden im Konzept und nun in der Praxis ihren Niederschlag. |
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In einem eigenen Wohnbereich mit nur 10 Bewohnern findet die Lebensweltorientierung
nach folgenden Schwerpunkten statt:
- Wohnen mit gezielter Dienstleistung, besonders Hauswirtschaft, Küche/Essen, Grupen- und Einzeltherapie
- Selbstbestimmung erhalten, Beziehungen bewußt gestalten
- Selbsthilfe fördern
- Biographieorientierung
- diskrete Pflege - Pflegekompetenz
- Soziale Betreuung
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Nach 6 Monaten Durchführung des neuen Konzeptes können wir feststellen:
- in relativ kurzer Zeit haben sich die Bewohner zu einer Wohngemeinschaft zusammengefunden
- wesentliche Verbesserung des Wohlbefindens, durch Zunahme der Persönlichkeit und Entfaltung
- es besteht ein Mehraufwand von durchschnittlich 42min pro Bewohner
und somit für die 30 Bewohner ein Mehrbedarf von 2,63 Arbeitskräften
um die individuelle und Gruppenbetreuung als Basis des Erfolges
für ein Leben in Würde zu sichern.
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Schlußfolgerung für die weitere Arbeit:
- Information an die Politik, die Verantwortlichen der Pflege und die Öffentlichkeit mit der Forderung:
- Die individuelle psychologische Betreuung der pflegebedürftigen Menschen
muss endlich stärker im Pflegeversicherungsgesetz berücksichtigt
werden, d.h. unter anderem, die psychosozialen Kriterien bei der Eingruppierung
gleichwertig und standardmäßig zur Beurteilung der Pflegebedürftigkeit
heranzuziehen.
- Die Pflegeversicherung und das System staatlicher Hilfen müssen entbürokratisiert werden.
- Die Kosten für medizinische Behandlungspflege müssen auch im
stationären Bereich von den Krankenkassen übernommen werden.
- Beantragung zum Einsatz von ABM-Kräften zur zusätzlichen sozialen Betreuung
- Erarbeitung von konkreten Unterlagen/Zahlenmaterial um gegenüber den Pflegekassen
den individuellen Mehraufwand der Demenzpflege und -betreuung durchzusetzen/anzuerkennen,
damit somit ein gerechtfertigter Personalschlüssel zur Anwendung kommt.
- Erarbeitung eines Ernährungskonzeptes
- Information an die Öffentlichkeit, incl. Polizeistation, im Ort Brandis über
die "Familienorientierte Wohnbereichspflege", insbesondere
für Demenzkranke in der Bergstraße. Dadurch soll ein besseres
Verständnis für die Demenzkrankheit mit deren Erscheinungen erreicht werden.
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